Waldlehrpfad Richardplatz, Imago mota in farbrica© Klaus W. Eisenlohr

Waldlehrpfad Richardplatz - © Klaus W. Eisenlohr & Johann Zeitler

Gewöhnliche Stechpalme

4. Gewöhnliche Stechpalme, Ilex aquifolium

Diese immergrüne Pflanze ist heimisch in Brandenburg und Sachsen, baumartig, und kann bis zu 10 Meter hoch werden. Sie wächst langsam, wird gerne angepflanzt, da sie wenig Pflege benötigt. Blätter an den unteren Zweigen sind dornig gezähnt, an höheren Zweigen dem Lorbeerblatt ähnlich und mit glatten Rändern. Blätter und vor allem die roten Beeren sind giftig.

5. Imago mota in farbrica (= das bewegte Bild in der Schmiede)

'In Rixdorf ist Musike.'

Die alte Schmiede ist hier bereits seit 400 Jahren heimisch und hat sich hier, mitten auf dem Platz, trotz aller Widerstände, behaupten können. Erstmals urkundlich erwähnt wurde sie 1694.

Die alte Schmiede fungierte unter anderem auch als Drehort für den Film „In Rixdorf ist Musike“. Der Titel ist angelehnt an einen alten Gassenhauer aus der Schieberzeit in den zwanziger Jahren.

(Buch und Regie: Wolfgang Kübel und Johannes Mayer. © 1988 Rixdorf-Film.)

Tilman Geiger: „Nun, ich bin zwar kein Hufschmied, tat aber so, als wäre ich einer, als würde ich Pferde beschlagen. Ich sollte auch noch was ablöschen, was ich gar nicht machte, aber einer der Regisseure meinte, macht nichts, es zischt so schön.“

Waldlehrpfad Richardplatz - © Klaus W. Eisenlohr & Johann Zeitler

© Klaus W. Eisenlohr & Johann Zeitler


6. Locus argentarius domini walli (= der silberne Ort des Hr. Wall)

Dieses Artefakt gehört zur Familie der sogenannten 'Stadt-Möblierer'.

Die Wall-Toilette ist ein in Berlin ansässiges und sich international verbreitendes Artefakt (im Gegensatz zu den meisten hier eingewanderten Pflanzen und Bäumen mit umgekehrter Verbreitungswirkung, also nach außen hin expandierend), das in Symbiose mit freistehenden Werbetafeln, Werbeflächen an Bushaltestellen, U-Bahnhöfen und Lampenpfosten auftritt. Sie geht auf zwei ursprünglich getrennt auftretende Berlin-typische Spezies zurück: das öffentliche Pissoir und die Litfaßsäule.

Zur Gründerzeit wurden von der Stadt auf allen öffentlichen Plätzen Pissoirs gebaut, sicherlich um das öffentliche Pinkeln von Männern zu unterbinden. Diese Toilettenhäuschen, die oft keinen Service für die Bedürfnisse von Damen bereitstellten, waren noch bis in die 80er Jahre Teil des Berliner Stadtbildes und sind heute nahezu ausgestorben.

Die Litfaßsäule geht auf eine Geschäftsidee des Herrn Ernst Theodor Amandus Litfaß (1816 - 1874) zurück, ein Druckereibesitzer und Verleger.

Die Wall-Toilette ist ein Ableger der 'Public-Private-Partnerships', bzw. darunter zu subsumieren. Für deren kostenlose Bereitstellung und Unterhaltung erhält die Firma Wall Werbeflächen auf öffentlichem Boden, zum Teil auch in wiederbelebter Form der Litfaßsäule. Mit der Ausbreitung des Neoliberalismus, auch Globalisierung genannt, verbreitete sich dieser Samen rasant.

Viele Benutzer der öffentlichen Flächen um den Richard-Platz können oder wollen häufig nicht den Obolus von 50 Cent für den Toilettenbesuch berappen, so dass die 'Notdurft' andernorts verrichtet wird.

Ein Anwohner, der anonym bleiben möchte: „Ich würde hohe Disteln oder noch besser hohe Brennnesseln im Bereich der Schule anpflanzen, damit hier nicht so viel öffentlich gepinkelt wird!“

7. „Schachspieler um einen Tisch versammelt.“
Stella ante mensulam hominis ludentis
(= Sitz vor Tischchen des spielenden Menschen)

Einst hatten Tische hier zwischen der Schmiede und dem Kiosk ihren Standort, mehrjährig, ob einstellig oder mehrstellig ist nicht mehr zu ermitteln, sind diese Artefakte doch vollständig verschwunden. Alle Versuche, diese wieder anzusiedeln, scheiterten. Ob dies auf den Sachzwang 'Kosteneinsparung' zurückzuführen ist oder andere Ursachen hat, konnte ebenso nicht ermittelt werden.

Anwohner erzählten, dass hier früher Stein-Tische standen, umflort von vier Sitzen, wobei das Areal mit einem niedrigen Holzzaun umsäumt war. Jung traf sich hier mit alt, viele schauten beim Schachspielen zu und erfanden sogleich bessere Züge.

Anstelle dessen haben sich hier vor Ort sechs Sitzbänke angesiedelt, und, obwohl transportabel, scheinen diese doch wegen der Schwere standortfest zu sein. Nun wird dieses Ensemble vornehmlich als ein Zwischenasyl für besonders durstige Personen in Anspruch genommen, welche eine öffentliche Bank sozusagen für gerade gelegen erachten. (Dazu werden auch mal zwei Bänke unter Mühen zusammengeschoben.)

© riXXperiment 2012

letzte Aktualisierung 08.06.2014